Der Erich-Mühsam-Preis wird in der Regel alle drei Jahre verliehen. Er ist mit 3000 € dotiert und soll einerseits jenen zukommen, die Mühsams Andenken fördern, indem sie seine Gedanken und seine Werke verbreiten oder Leben und Werk wissenschaftlich aufarbeiten.
Andererseits kann er an Personen vergeben werden, die in Mühsams Sinne wirken, indem sie sich den kulturellen, politischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart stellen, die Verhältnisse nicht als gegeben hinnehmen, sondern im Sinne einer lebenswerten Zukunft nach befreienden Alternativen suchen.
Der Stifter des Erich-Mühsam-Preises ist der Lübecker Galerist Frank-Thomas Gaulin.
Erich-Mühsam-Preisträger:
1993 | Die Graswurzel-Werkstatt Köln |
1995 | Der Totalverweigerer Andreas Speck |
1997 | Die Asylgruppe Ostertor (Bremen) und das Lübecker Bündnis gegen Rassismus |
1999 | Der Kabarettist Dietrich Kittner |
2001 | Der afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal |
2003 | Die Tageszeitung „junge Welt“ |
2005 | Die Rechtsanwältin und Autorin Felicia Langer |
2007 | Das Komitee für Grundrechte und Demokratie |
2009 | Gunter Demnig für das Projekt STOLPERSTEINE |
2013 | Dr. phil. Andreas Hohmann und Jochen Schmück |
2016 | Konstantin Wecker Förderpreis: Lübecker Flüchtlingsforum |
2019 | Chris Hirte und Conrad Piens (Herausgeber der Tagebücher von Erich Mühsam) Förderpreis: Wanderverein Bakuninhütte in Meiningen |
2022 | Prof. Dr. Rolf Verleger (posthum) |
Verleihung des Erich-Mühsam-Preises 2022 an Prof. Dr. Rolf Verleger (posthum)
Der diesjährige Preisträger Prof. Dr. Rolf Verleger (1951-2021)
war Psychologe und hatte ab 1998 eine Professur an der Universität
zu Lübeck. 2001 gehörte Rolf Verleger zu den Gründer:innen der neuen
jüdischen Gemeinde Lübeck und war bis 2005 Mitglied des Vorstandes.
Ab 2005 war er Vorsitzender des Landesverbandes Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein (JGSH). Er wurde zudem in den Zentralrat der Juden in Deutschland entsandt. Kurz vor seinem Tod erlebte er noch die Eröffnung der neuen Synagoge in Lübeck im Herbst 2021.
Die Begründung der Jury für den Mühsam-Preis 2021/2022
Die Jury des diesjährigen Erich Mühsam Preises hat sich für die posthume Verleihung an Professor Rolf Verleger entschieden.
Rolf Verlegers jahrzehntelange Beschäftigung mit der jüdischen und israelischen Geschichte und Gegenwart war zunehmend der Kern seines Lebens. Er engagierte sich nicht nur in der jüdischen Gemeinde und anderen jüdischen Organisationen, er beschäftigte sich und publizierte auch zur jüdischen Geschichte vor Ort und scheute sich nicht, die israelische Politik zu kritisieren, in Bezug auf ihr Verhalten gegenüber den Palästinensern und bezog dabei zugleich die deutsche Israelpolitik mit ein. Er wurde in den deutschsprachigen Medien viel befragt und ihm wurde zugehört.
Rolf Verleger ist prädestiniert für unseren Preis. Ihm waren Menschlichkeit, Würde und Widerstand gegen Unrecht tief in der Persönlichkeit verankert.
Er wirkte im Sinne des Erich-Mühsam-Preises, indem er sich insbesondere den kulturellen, politischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart stellte, die Verhältnisse eben nicht als gegeben hinnahm, sondern im Sinne einer lebenswerten Zukunft seine befreiende Alternative in seinem Kampf für eine adäquate Anerkennung der Palästinenser in der israelischen Politik fand.
Er war darin so authentisch, weil er selbst als überzeugter Jude seinen Glauben vertrat und mit umso mehr Nachdruck Widerstand bieten konnte gegen das von ihm so stark empfundene Unrecht gegen die Palästinenser von israelischer Seite.
„Israels Irrweg“ und „Jüdische Identität und Nahostkonflikt“ bleiben uns und wirken weiter. Wer wie Rolf Verleger für Vernunft, Toleranz und Friedenswerben eintritt, ist im Geiste bei Erich Mühsam und es bleibt ein Appell an uns, es ihm gleich zu tun.
Die Jury des Erich-Mühsam-Preises 2022 (Lienhard Böhning, Bernd Brüntrup, Antje Peters-Hirt im November 2021
Antje Peters-Hirt am 06.April 2022
Verleihung des Erich-Mühsam-Preises und des Erich-Mühsam-Förderpreises 2019
Am 26.10.2019 wurden im Berliner Literaturhaus in der Fasanenstraße 23 der Erich-Mühsam-Preis und der Erich-Mühsam-Förderpreis verliehen. Der Stifter der Preise war wie in den Jahren zuvor Frank-Thomas Gaulin, der auch zu den Gründern der Mühsam-Gesellschaft gehört.
Die diesjährigen Preisträger des Erich-Mühsam-Preises sind Chris Hirte und Dr. Conrad Piens, die Herausgeber der Mühsam-Tagebücher, die Mühsam von 1910-1924 verfasst hat.
Seit 2009 arbeiten der Literaturwissenschaftler Chris Hirte und der Informatiker und Antiquar Conrad Piens an der Gesamtausgabe der Tagebücher, deren 15. und letzter Band in diesem Jahr im Verbrecher-Verlag, Berlin, erschienen ist.
Der Erich-Mühsam-Förderpreis geht an den Wanderverein Bakuninhütte in Meiningen. Erich Mühsam besuchte mehrmals die Bakuninhütte, um deren Erhalt und Belebung sich der Wanderverein unermüdlich einsetzt.
Der Laudator für Chris Hirte und Conrad Piens war Prof. Dr. Dieter Schiller, der Laudator für den Wanderverein Bakuninhütte war Axel Wirth.
Die Veranstaltung zur Preisverleihung war sehr gut besucht und fand ein positives Echo.